Gottesdienst aus Hamburg

Er nahm Knechtsgestalt an
evangelisch
Sonntag, 20. April 2003 - 0:00

Ein alter Christus am Kreuz mit dicken Füßen. Daneben ein nackter römischer Landsknecht, der einem mit hämischem Grinsen anschaut. Ein wenig sieht er aus wie Hitler. "Ecce homines, so sind Menschen" heißt dieses Mosaik von Oskar Kokoschka. Es hängt über dem Altar der Hauptkirche St. Nikolai. Vor rund dreißig Jahren schenkte es Kokoscha der Gemeinde.
 
Für viele Gemeindeglieder war das Bild damals Provokation pur. Denn "Ecce homines" ist kein erbauliches Altarbild. Es zeigt einen hilflosen Gottessohn und die hässliche Fratze der Menschen. Eine brutale und banale Szene zugleich. Morde, Massenmorde, Kriege, alles wozu Menschen fähig sind, findet sich in diesem Kreuz. Im Zeichen des Irak-Konflikts bedrohlich aktuell. Aber nicht jeder mag das ertragen. Manch einer ging damals aus Protest in die Nachbargemeinde, andere traten ganz aus der Kirche aus.
 
Inzwischen gehört der Kokoschka-Christus zur Nikolai-Kirche. Doch die Herausforderung bleibt bis heute.  Gerade zu Ostern ein Bild voller Mordlust und Gewalt? Ja, meint Hauptpastor Dr. Ferdinand Ahuis. Denn auch der Predigttext spricht vom geknechteten Gott: "Er entäußerte sich selbst und nahm Knechtsgestalt an." (Philipper 2,7)
 
Ein Gottesdienst zu Ostern vor dem Bild Kokoschkas heißt: Leiden und Gewalt nicht aus dem Blick verlieren, aber auch weitersehen können auf das Leben. Erkennen, dass Christus sogar für die aufersteht, die Böses getan haben."Provokation Bibel": Wie sind Menschen und wie ist Gott?